Montag, 30. Januar 2012

Der FC Bayern und die jüdische Vergangenheit: Kurt Landauer-Meistermacher, Präsident, Jude.

Wie wir in unserem Neonazismus Beitrag schon deutlich machten ist die Nazizeit eine schmerzhafte und lehrreiche Zeit zugleich. 


Auch wenn Fußballfans oft denken, dass Sport und Politik nicht zusammen gehören, hat der Fußball auch seine Bedeutung und damit Verantwortung. Liga- und Dortmund-Präsident Reinhard Rauball bezeichnete den Fußball einmal als Volkspartei. Und auch der FC Bayern spielt hier seine Rolle.


Im Jahre 2011 erschien ein Buch über den FC Bayern München und seine Juden.

Dies ist deshalb bemerkenswert, weil diese Vergangenheit bis jetzt sehr wenig thematisiert wurde. 

Jahrelang hatte sich der Rekordmeister nicht dazu geäußert, selbst auf der Gedenkfeier für die Hauptperson dieses Artikels, Kurt Landauer, scheute man klare Bekenntnisse. Und das obwohl Landauer vierfacher Präsident des FC Bayern war und man unter ihm das erste Mal deutscher Meister wurde.

Im Mai 2011 sprach Vorstandsvorsitzender Rummenigge auf einmal in höchsten Tönen von der jüdischen Vergangenheit des FCB:

"Der FC Bayern hat eine jüdische Vergangenheit, eine sehr reiche und erfolgreiche. Wir sind stolz auf diese jüdische Vergangenheit, und gemeinsam mit unseren jüdischen Freunden werden wir auch eine stolze Zukunft haben."


Was war geschehen?
Anlass hierfür war eine Buchpräsentation des Sporthistorikers Dietrich Schulze-Marmeling. 

Schulze-Marmeling arbeitet in seinem Buch "Der FC Bayern und seine Juden" auf , wie sehr die Juden die frühere Geschichte des FC Bayern prägten, lange vor den Zeiten eines Uli Hoeneß. 

Man würde sich wünschen das Buch wäre auf Wunsch des FC Bayern entstanden. Ist es aber nicht.

Während Hoeneß an seinem 60. Jährigen Geburtstag mit Lobbeshymmen überhäuft wurde, "Nelson Mandela der Säbener Straße", ist die Bedeutung der Juden bis dahin ein eher vergessenes Thema beim Rekordmeister. Das Beispiel Karl Landauer erläutert dies sehr gut. 

Landauer ist vierfacher Präsident des FC Bayern unter dem man die erste Deutsche Meisterschaft gewann. Trotzdem wurde die Gedenkfeier zu seinem 125. Geburtstag vom jüdischen Fußballclub Makkabi München und der evangelischen Versöhnungskirche arrangiert, nicht vom FC Bayern. 

Man kann sich fragen wieso, war der FC Bayern doch bekannt als der Judenklub, während Lokalrivale 1860 München von Nazis geführt wurde.

Den 100. Geburtstag von Landauer feierte man nicht einmal, offiziele Begründung: "Man braucht einfach eine Initialzündung, wenn man so im täglichen Geschäft drinsteckt, da schaut man nur in die Zukunft, nicht in die Vergangenheit." 

Von wem sollte die denn kommen, wenn nicht von den Bayern?
Die Frage ist wie viele Bayern Fans kennen den Namen Karl Landauer überhaupt? 

Landauers Neffe Uri Siegel sagte einmal "dass man sich an die Vergangenheit nicht erinnert, ist eine Krankheit, die wir nicht nur in Deutschland oder beim FC Bayern haben," und das "Die Bayern glauben, dass ihre Geschichte mit Franz Beckenbauer beginnt" - schauen wir in die Zeit vor Beckenbauer und erinnern uns.


Landauer spielte 1901 das erste Mal für Bayern München. Die Zeiten waren damals andere: Nach kurzer Zeit musste er seine Karriere wieder beenden, da er in Lausanne seine Banklehre anzutreten hatte. 

Nachdem er seine Lehre 1905 beendet hatte kam er zurück zum FC Bayern, wo er 1913 erstmalig zum Präsidenten gewählt wurde. Ein Jahr später brach der 1. Weltkrieg aus. 
Nach dem 1. Weltkrieg war Landauer mit Ausnahme von einer kurzen einjährigen Pause Präsident des FC Bayern von 1922 bis zum Ausbruch des 2. Weltkrieges im Jahre 1933. 

Landauer erwarb in dieser Zeit einen Ruf als Förderer der Mannschaft und der Jugendabteilung, da er Investitionen in diese für wichtiger ansah als ein eigenes Stadion zu bauen.
Die Machtübernahme der Nazis zerstörte in die Deutschland die Bemühungen den Profifußball einzuführen, da die Nationalsozialisten den Profifußball als eine jüdische Angelegenheit ansahen. 

„Dieses Gift ist jahrelang mit echt jüdischer Geschicklichkeit ins Volk gespritzt worden“, schrieb die NS-Sport“.

Der FC Bayern war unbeliebt bei den Nazis, da er in ihren Augen ein Judenklub war. Dadran änderte auch nicht, dass nur ein kleiner Teil der Mitglieder es Klubs einen jüdischen Familienhintergrund hatte. Die Propagandamaschine rollte.
Landauer trat aufgrund der politischen Entwicklungen in Deutschland am 22. März 1933 zurück. Einen Tag nach der Reichspogromnacht , auch bekannt als die (Reichs-)Kristallnacht, am  9.10 November 1938 wurde er gefangen genommen und ins Konzentrationslager Dachau deportiert. Er trug die Häftlingsnummer 20009 .
Da Landauer als Frontkämpfer im 1. Weltkrieg teilgenommen hatte wurde er nach 33 Tagen wieder Entlassen und emigrierte in die Schweiz. Er war zusammen mit seiner Schwester Henny der einzige aus der Landauerfamilie der überlebte.. Drei seiner Geschwister starben, seine Schwester Gabriele wurde niemals gefunden, nachdem sie deportiert worden war.
Nach dem Krieg kehrte er nach München zurück und baute den FC Bayern wieder auf. Unter ihm war der FC Bayern ein liberaler, weltoffener Verein. 

"Die Bedeutung des FC Bayern bestand darin, dass er Juden nicht nur willkommen hieß, sondern ihnen auch keine geringeren Aufstiegsmöglichkeiten bot als ihren christlichen Klubkameraden", urteilt Schulze-Marmeling in seinem Buch.

Dies ist besonders bemerkenswert, da viele Fußballfans den FC Bayern heutzutage nicht unbedingt als liberal und internationalistisch bezeichnen würden, sondern eher an an die Konservative CSU und das Oktoberfest denken, sowie die "Mir San Mir"  - Mentalität des Klubs.
Trotzdem war dieses jüdische und liberale Erbe für den Klub lange Zeit kein Thema. Viel mehr schwelgt man in Erinnerungen über die erfolgreichen letzten 30 Jahre. Erst Mitglieder der Ultra-Gruppe  "Schickeria" holten Landauer und das jüdische Erbe aus der Vergessenheit hervor und  trägt jedes Jahr ein antirassistisches Turnier um den Kurt-Landauer-Pokal aus. 
Der FC Bayern hat lange gebraucht ihm den verdienten Respekt zu zollen. So entschuldigte Willi Hoffmann, ehemaliger Bayernpräsident in den achtziger Jahren, das Verfehlen damit dass "wir ums nackte Überleben kämpfen mussten. Wir waren alle so eingespannt - etwa in der neuen Bundesliga - dass für die Pflege der Tradition kein Raum mehr war." Keine Zeit für die Vergangenheit also.  Uli Hoeneß äußerte sich einmal auf ähnlich geringschätzige Art und sagte: "Ich war zu der Zeit nicht auf der Welt."

Mittlerweile ist sich der FC Bayern seiner Verantwortung mehr bewusst geworden und hat anscheinend die Zeit sich mit der eigenen Geschichte zu beschäftigen. Rummennige sagte das Landauer  „etwas widerfahren (sei), was leider vielen Menschen in der damaligen Zeit widerfahren ist. Wir müssen alles dafür tun, dass solche Zeiten nie wieder hereinbrechen. Sich zu erinnern, ist da ein sehr wichtiger Bestandteil." Weise Worte zum Schluss.

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