Sonntag, 19. Februar 2012

Die Rudelbildung Rückschau zum 22. Spieltag

Rudelbildung lag kräftig daneben. Bremen gewinnt das Nord-Derby beim Hamburger SV mit 3:1 und distanziert den HSV, der jegliche Hoffnung auf einen Europa League Platz begraben kann. Rudelbildung guckt warum.

Hamburger SV-Werder Bremen 1:3. Effektivität schlägt Dominanz:

Der Hamburger SV dominierte das Spiel über weite Strecken, doch Werder Bremen war vor dem Hamburger Tor eiskalt. Für Freunde der Statistik ist dieses Spiel auch in vielerlei Maße interessant, weil es uns zeigt, wie Statistiken alleine ein Spiel verzerren können.


Der HSV dominierte in fast allen Kategorien: er hatte mehr Torschüsse, er gewann deutlich mehr Zweikämpfe und hatte viel mehr Ballbesitz. Außerdem spielten die Hamburger viel weniger Fehlpässe als ihre Bremer Kontrahenten - aber dies war unwichtig.


Bremen überraschte den HSV nämlich mit Konterfußball.  Dieser ist sehr schwierig zu praktizieren, da man bei hohem Tempo schnell nach vorne spielen muss, aus diesem Grund leidet die Passsicherheit. Bremens Passquote muss also in Relation zu ihrem taktischen Konzept analysiert werden.


Auf der anderen Seite konnten die Verteidiger des HSV sich dadurch den Ball relativ sorglos hin und her spielen, da die Bremer sie erst spät attackierten. Diese taktischen Komponenten erweckten bei einem Blick auf die Spieldaten den Eindruck, dass die Hamburger Verteidiger suverän gespielt hätten. Dies war allerdings nicht der Fall, was nicht nur die Gegentreffer offen legten.


Bremen gewann das Spiel nämlich wahrlich nicht unverdient, auch hier können wir uns einer Statistik bedienen: Kamen von Hamburgs 18 Torschüssen nur 7 aufs Tor, waren von Bremens 13 Versuchen 9 auch Schüsse aufs Tor. Effektivität schlägt Dominanz.


Wurde vor dem Spiel noch in Hamburger Kreisen gemutmaßt, das ein Sieg gegen die Bremer den HSV wieder in den Kampf um das internationale Geschäft eingreifen ließe straften die Bremen den HSV lügen. 


Fink relativierte diese Ambitionen nach dem Spiel und verwies richtigerweise darauf, dass der HSV dieses Jahr einen Mittelfeldplatz anpeilen sollte, alles andere wäre unrealistisch. Wahre Worte.

Werfen wir deshalb einen Blick auf einige der wichtigsten Fakten des Spiels: 

Die "fatale" Passsicherheit der Hamburger:

Beim HSV kamen starke 87% der Pässe an. Barcelona hatte unter der Woche gegen Bayer Leverkusen 89%. Diese Zahlen in Relation zu den unterschiedlichen Erfolgserlebnissen dieser Spiele zeigen, dass eine hohe Passsicherheit nicht automatisch zum Erfolg führt.

Das beste Beispiel ist hier sicherlich Tomas Rincon. Von seinen 61 Pässen kamen 95% zum Mann, aber eben nicht der Pass vor dem 0:1 durch Marin.

Gerade in der eigenen Hälfte ließen die Bremer den HSV gewähren, so standen am Ende 458 zu 179 erfolgreiche Pässe für den HSV, aber diese waren oftmals Rückpässe und Querpässe.

Die Bedeutung von Pizarro:


Pizarro spielte wahrlich nicht schlecht, er war nur nicht so spielentscheidend wie man es von ihm gewohnt ist. Pizarro war fleißig und lief viel, war aber schwach im Zweikampf. 

Seine Sturmpartner sprangen diesmal in die Bresche: Rosenberg bereitete das 1:0 durch Marin vor, während Joker Arnautovic das 3:1 erzielte. 

Thomas Schaaf würde es sicherlich freuen, weniger von der peruanischen Tormaschine abhängig zu sein. Arnautovic hat mittlerweile 6. Saisontore erzielt, welches jetzt schon eine Verdoppelung seiner Vorjahresbilanz ist. 

Auf Hamburger Seite fragt man sich hingegen oft, wer außer Paolo Guerrero für die Tore verantwortlich sein soll.

Die "Schwachstellen" der Bremer glänzen:


Auch hier lagen wir falsch. Hatten wir Bremens linke Seite mit Trybull und Hartherz als die Schwachstelle "auserkoren" strafte gerade Trybull uns lügen.


Seine Passquote lag über dem Durchschnitt der Bremer, außerdem erzielte er das 2:0 und was am wichtigsten war: Er gewann mehr Zweikämpfe als sonst. Da er oftmals zentral einrückte und so das Zentrum zu stellte war er nicht nur offensiv äußerst Wertvoll sondern auch defensiv.


Auch Linksverteidiger Hartherz machte ein solides Spiel. Er war der Bremer Spieler mit den meisten Sprints, und hielt bis auf 2-3 Situationen seine Linke Seite sauber. Seine verbesserte Zweikampfbilanz bestätigte seine solide Defensivleistung. Nach vorne glänzte er nicht, dies war aber nicht notwendig. Mit Sala und Diekmeier war er auch zur Genüge beschäftigt.

Hamburgs Blackouts:

Dieser Clip aus dem Werder Forum wird sicherlich immer wieder gespielt werden in Bremer Kreisen. Die fehlende Absprache vor dem 1:3 war nicht der einzige Blackout der Hamburger Defensive.

Nach Rincons Fehlpass stand Westermann vor dem 0:1 völlig falsch positioniert und auch Drobny sah sowohl beim 0:1 als auch beim 0:2 alles andere als gut aus.

Hamburgs Trainer Thorsten Fink bemerkte nach dem Spiel richtigerweise "Wenn man solche Fehler macht, wie wir, kann man das Derby nicht gewinnen."

Die Rollen von Tom Trybull und Marko Marin:

Trybull war wie erwähnt nicht nur offensiv durch seinen ersten Bundesligatreffer sehr präsent, sondern arbeitete auch stark mit nach hinten. 

Hinzu kam die überraschende Aufstellung von Marko Marin, der erstmals in der Rückrunde zum Einsatz kam und sein erstes Saisontor schoss. Dazu war Marin an 7 der Bremer Torschüsse beteiligt und brachte starke 85% seiner Pässe an den Mann. Eine sehr gute Quote wenn man bedenkt, das Bremen am Ende des Spiels nur 74% seiner Pässe erfolgreich platziert hatte und Marin in einer offensiven Rolle auftrat. Dies wird dadurch bestätigt, dass Marin nur 8 Pässe in der eigenen Hälfte spielte und während seiner 82. Minuten Einsatzzeit keinen einzigen langen Ball schlug. 

Der X-Faktor:

Bremen hatte das gewisse Extra in diesem Derby. 

Tim Wiese hielt überragend und bereitete das 3:1 vor, während sein Gegenüber Drobny bei zwei Gegentoren nicht gut aussah. 

Auch war Zlatko Junuzovic mal wieder ein lauffreudiger Aktivposten im Bremer Team, während Marcel Jansen einen schwachen Samstagnachmittag erlebte. 

Wie vorher schon erwähnt war die überraschende Aufstellung von Marin und Trybulls starkes Spiel weitere Faktoren und der HSV hatte diesem wenig entgegen zu setzen.

Jarolim, Petric und Guerrero waren noch die aktivsten und besten für den HSV, und keiner spielte ähnlich stark auf wie Wiese, Trybull und Marin.

Schaaf belebte das Spiel der Bremer mit frischen Impulsen, während Finks Hamburger ordentlich spielten, aber durch ihr sehr starres Konzept auch sehr  leicht auszurechnen waren.

Der Rudelbildung Spieler des Spiels:

Thomas Schaaf. Der Bremer Trainer überlistete seinen Gegenüber mit der Aufstellung von Marko Marin. Außerdem hatte er mit der Einwechslung von Arnautovic das richtige Händchen und seine Konter-Strategie war der Schlüssel zum Erfolg in diesem Nord-Derby.



Fazit:

Erstmals seit 2008 gewinnt eine Auswärtsmannschaft wieder ein Nord-Derby. 

Der HSV enttäuscht weiterhin zuhause, was mehr als einen Mittelfeldplatz  utopisch erscheinen lässt. Auch ist die Bilanz der Hamburger gegen die Topteams der Liga nicht gut genug, wenn sich wirklich für höhere Aufgaben empfehlen will. Mit dem Abstieg werden die Hamburger allerdings auch nichts mehr zu tun bekommen.

Anders formuliert: Der HSV wurde von den Bremern auf den Boden der Tatsachen zurück geholt, während die Bremer ihre Ambitionen untermauern.

Das man nach mehr als 3 Monaten erstmals einen Auswärtssieg feiern konnte zeigt das Nord-Derbys auch weiterhin ihre eigenen Gesetze haben. Momentan scheint es allerdings nur ein wirkliches Gesetz zu geben: Werder Bremen ist die Nummer Eins im Norden.



Rudelbildung ist die Plattform für alle Fußballfans - wenn du also einer anderen Auffassung bist oder deine Meinung zu einem ganz drittem Thema loswerden möchtest schicke eine Mail an rudelbildung@hotmail.com und schon wird deine Stimme hier gehört!

1 Kommentar:

Erik hat gesagt…

Blitzsaubere Analyse! Bringt das Geschehene auf den Punkt.