Sonntag, 5. Februar 2012

Hamburger SV - Bayern München 1:1 - Borussia Dortmund sagt danke

Tristesse in Gelsenkirchen und München, Jubel in Dortmund. Der Spieltag der Unentschieden sorgt für Stillstand in der Bundesliga und hat einen großen Gewinner. Borussia Dortmund.

Rudelbildung schaut zurück auf den Nord-Süd Gipfel zwischen dem Hamburger SV und Bayern München
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Hamburger SV-Bayern München 1:1

Der HSV spielte wie angekündigt in seinem Finkschem 4-4-2 auflaufen, wo Rincon sich oft tief fallen ließ um den Innenverteidigern die Möglichkeit zu geben das Spiel breit zu machen.


War Rajkovic vor dem Spiel eine der großen Fragezeichen muss man sagen, dass er eine ordentliche Leistung ablieferte. Zwar war er der schwächere der beiden Innenverteidiger, das lag aber mehr dadran, dass Westermann ein saustarkes Spiel ablieferte. 


Gerade der Hamburger Kapitän zeigte gestern abermals wie wertvoll er für den HSV sein kann. Westermann gewann 78% seiner Zweikämpfe, überzeugte dazu mit klugem Spiel nach vorne, wie bei seinem Pass auf Guerrero in der 52. Minute, der einen Konter einleitete und war gefährlich bei Standardsituationen.


Gerade zu beginn machte der HSV, das was hier von ihnen gefordert wurde: Er nahm sein Herz in die Hand und presste früh. Bayern kam damit gar nicht zurecht und so gehörten die ersten Chancen auch dem HSV, jeweils nach Standardsituationen von Aogo.


Auch zeigte sich beim HSV die Bedeutung von Rincon und Guerrero im Finkschen System. Rincon als tiefer 6er zwischen den IV ist ballsicher und zweikampfstark, aber auch taktisch ordentlich geschult. Dies gibt ihm die Möglichkeit weniger Kilometer zurück zu legen als ein Jarolim, der gestern das Bindeglied zwischen Abwehr und Angriff sein sollte. Guerrero ist durch seine technischen Fähigkeiten in der Lage Bälle "festzumachen" damit der Rest des Teams aufrücken kann.


Bayern stellte den HSV in vielen Situationen aber gut zu, sodass es bezeichnend war, dass Jarolim mit 58 Ballkontakten am meisten am Ball war von allen HSV Spielern. Auch wenn er 92% davon an den Mann brachte waren die meisten mehr Sicherheitspässe. Zum Vergleich hatte Bastian Schweinsteiger auf Bayernseite 100 Ballkontakte.

Das Tor für den HSV fiel so auch nicht aus schönem Kombinationsspiel heraus, sondern aus einem simplen langen Ball. Boateng verschätze sich und sah alles andere als gut aus, Lahm rückte ein, weil Jarolim clever richtung Tor zog, und so stand Sala völlig frei und vollendete gekonnt zur Führung und seinem 1. Bundesligator.

Dies war zu diesem Zeitpunkt keineswegs unverdient: Der HSV störte früh, was Bayern Probleme bereitete, und die Bayern fanden lange Zeit kein Mittel dagegen.

Gomez Tor nach Bayern-Eckball hätte vielleicht einiges geändert, aber es ist müssig sich über das '"hätte" zu unterhalten. Gucken wir auf die Fakten.

Gerade Paolo Guerrero hatte viel zu viel Zeit langgeschlagene Bälle anzunehmen und so das Angriffsspiel des HSV mit aufzubauen. Dies entlastete den HSV, der gerade wenn man das Mittelfeld schnell überbrückte auf Salas Seite oft autobahnartige Zustände vorfand, da Ribery wenig mit nach hinten arbeitete.

So hatte Bayern auf dem Weg in die Kabine einige Kopfschmerzen. Hatte man doch viel Ballbesitz war dieser zumeist wertlos. Dazu kamen folgende Problemstellungen:

1) Tymoshchuk als Rechtsverteidiger enttäuschte 

2) Robben hatte so vielleicht mehr Freiheiten nach vorne, bekam den Ball aber so weit weg vom Tor höhe der Aussenlinie, dass es einfach war für den HSV ihn zu zustellen

3) Kroos fiel wenig gescheites am Ball ein und schlussendlich 

4) Gomez hing in der Luft

Aber Trainer Heynckes ließ sich etwas einfallen.


Die 2. Hälfte: Bayern kommt zum verdienten Ausgleich



Bayerns Tymoshchuk-Problem:

Unverändert ging beiden Teams in die 2. Hälfte. Dies verwunderte gerade bei den Bayern, die mit Tymoshchuk den schwächsten Mann auf dem Platz in  ihren Reihen hatten. Wieso dieser nicht den Part in der IV spielte, eine Position die er kennt, oder man Lahm nicht nach Rechts zog um mit Luiz Gustavo als Linksverteidiger zu spielen, wird Heynckes Geheimnis bleiben. 

Dieses Experiment muss auf jeden Fall aus gescheitert bezeichnet werden und es hätte Bayern kurz nach Wiederanpfiff fast wieder in Schwierigkeiten gebracht: Ähnliche Situation wie beim 1:0, diesmal Flanke Jansen, von Tymoshchuk keine Spur, auf Sala der aber verzog.

Ein weiteres Problem mit der Personalie Tymoshchuk wurde auch in Hälfte 2. wieder offensichtlich: Robben ist ein Spieler,  der nach Innen ziehen will. Das selbe gilt für Ribery. Damit dies möglich wird brauchen beide offensive Innenverteidiger, die die Außenbahnen besetzen. Das war aber gerade von Tymoshchuk gar nicht zu sehen.

So war das Spiel der Bayern leicht auszurechnen für den HSV und Bayern fiel lange Zeit außer Fernschüssen nicht viel ein. Dies ist übrigens nicht erst seit dem HSV Spiel ein Problem - der FCB hat alle seine Rückrundentore nach Standardsituationen erzielt. Dies obwohl man in allen Spielen deutlich mehr Ballbesitz hatte. Ballbesitz ist im Fußball eben nicht entscheidend, sondern was man draus macht.

Die letzten 25. Minuten - Henyckes reagiert (endlich):

Viel zu spät wechselte Bayern Trainer Heynckes in der 61. und 64. Minute und brachte mit Alaba und Olic für Tymoshchuk und Kroos zwei frische Kräfte. Dies sollte sich auszahlen.

Er nahm so die beiden Schwächsten Bayernakteure vom Feld und brachte mit  Olic einen zweiten Stürmer. Dieser war notwendig, da Gomez auf verlorenem Posten stand gegen die gute HSV Abwehr. Dazu ging Lahm rüber auf Rechtsverteidigerposition, Alaba bekleidete nun den Posten des Linksverteidigers.

Diese beiden Einwechslungen waren entscheidend für die Bayern. Alaba machte nach vorne wesentlich mehr Druck als Tymoshchuk es getan hatte, dazu setze der bewegliche Olic die HSV Abwehr mehr und mehr unter Druck. 

So nahm die Schlussphase teils handballähnliche Zustände an. Bayern hatte nun einen zentralen Stoßstürmer mit Gomez, dahinter zwei bewegliche hängende Stürmer mit Olic und Müller, welche von zwei Außen, Ribery und Robben, unterstützt wurden, die permanent nach Innen zogen. Da Alaba und Lahm die Aussen besetzen kam der FCB nun zu wesentlich mehr produktiven Ballbesitz vor des Gegners Tor.

Dieser späte, aber kluge Wechsel gab dem Rekordmeister auch die erwünschten Chancen. Drobny rettete super gegen Müller, aus der anschließenden Ecke entstand nach Fehler des gerade eingwechselten Son und schlechter HSV Zuordnung der verdiente Ausgleich durch den ehemaligen Hamburger Olic. Ironischerweise hat dieser beide Saisontore nun als Joker in Spielen gegen den HSV erzielt.

Am Ende hatte der HSV die große Chance durch Son das 2:1 zu erzielen, aber Neuer wartete lange und drängte den jungen HSV Stürmer so gekonnt ab. Es blieb beim 1:1.

Fazit:

Alles in allem ein verdienter Punktgewinn für den HSV. Die Hamburger kämpften nicht nur aufopferungsvoll, sondern spielten gerade in der 1. auch gut nach vorne. Hätte man sein frühes Pressing mehr konsequent praktiziert, vielleicht eine Frage der Kräfte, und sich in der 2. Hälfte nicht so hinten rein drücken lassen, wäre evt mehr drinne gewesen.

Für den FC Bayern war es ein enttäuschendes Spiel. Nicht nur verlor man erstmals seit dem 14. Spieltag wieder die Tabellenführung, sondern offenbarte man auch wieder spielerische Defizite. Bayern Fans mögen über "mauernde" Hamburger klagen, doch dies kann nicht mehr als eine schlechte Ausrede sein. Bayern hatte bis jetzt in allen 20 Saisonspielen mehr Ballbesitz als der Gegner und trotzdem findet man kein Mittel komptaktstehende Teams zu öffnen. Im Durchschnitt hat der Rekordmeister 62% Ballbesitz gehabt, trotzdem erzielte man alle seine Rückrundetore nach Standardsituationen.

Der HSV kann Kraft schöpfen aus diesem Punkt, der Maßstab sind andere Teams. Jedoch sollte man langsam auch verstanden haben, dass Finks populistisches "wir wollen agieren, egal wie der Gegner heißt" eben nicht greift gegen Teams wie den FCB. Frühes Pressing und Kontern sind die richtigen Maßnahmen für diese Spiele und hätte man dies länger praktiziert wäre mehr als ein Punktgewinn möglich gewesen.

Der FC Bayern bestätigte abermals, in der Rückrunde, seine spielerische Einfallslosigkeit und hat hoffentlich aus dem Tymoshchuk-Gau gelernt. Alaba hätte seine Chance verdient.

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