Samstag, 14. April 2012

Das Rudelbildung Interview mit Eurosport Dänemark Kommentator Henrik Hvillum

Als Exil-Deutscher in Dänemark sind einige von uns und unseren Lesern darauf angewiesen die Bundesliga auf dem dänischen Sender von Eurosport 2 zu verfolgen. Hier sitzt einer von Rudelbildungs Freunden, der Kommentator Henrik Hvillum und kommentiert jede Woche das geschehen in der Bundesliga. Wir haben ihn zur deutschen Bundesliga interviewt. Eine kurze Anmerkung: Das Interview wurde vom dänischen ins deutsche Übersetzt, falls kleinere Fehler vorkommen bitten wir dies zu entschuldigen.


Rudelbildung: Henrik, wie wird man Fußball-Kommentator? Für die meisten unserer Leser wäre das ja ein Traumjob. Hast du ein paar Tipps für uns? 

Henrik Hvillum: Es hat sowohl etwas mit meiner Ausbildung, Erfahrung und natürlich meinem Enthusiasmus zu tun. In meinem Falle habe ich das Glück gehabt, dass ich schon mit Sportfernsehen arbeitete, als die Chance bei Eurosport erschien. Ich bin eine Ausnahme auf Eurosport, denn ich bin weder als Journalist ausgebildet noch ehemaliger Elitesportler, aber hoffentlich kan ich mit meiner Komunikationsfähigkeit und meinem sportlichen Wissen beitragen.

Rudelbildung: Eurosport Dänemark hat ja die Rechte für die Bundesliga erworben in einer Zeit, wo der deutsche Fußball nicht sonderlich angesagt war in Dänemark. Wieso sehen Dänen lieber englischen und spanischen Fußball?

Henrik Hvillum: Wenn man einen Fußballverein oder eine Fußball-Liga mag, hat das viel mit Tradition und Gefühlen zu tun, und in Dänemark gucken wir seit vielen Jahren meistens spanischen oder englischen Fussball im Fernsehen. Aber mit der Bundesliga wird das sich hoffentlich ändern, weil es so viele guten Begegnungen aus Deutschland gibt. Viele Tore, Viele Zuschauer und einfach guten Fußball gibt es ja in der Bundesliga schon länger, aber man muss auch Geduld haben, weil Änderungen in TV-Gewohnheiten sich erst über Jahre verändern.

Rudelbildung: Wo siehst du die Bundesliga im europäischen Vergleich und welches ist die beste Liga der Welt für dich?

Henrik Hvillum: Nicht nur weil ich Bundesliga-Kommentator bin, aber ich glaube fest daran, dass die deutsche Liga eine von den drei besten Ligen Europas ist. Die Ergebnisse im europäischen Zusammenhang sind sehr gut, und finanziell sieht es auch gut aus. In Deutschland gibt es Regeln und Einschränkungen, so dass die Vereine nicht mehr ausgeben dürfen als sie verdienen. Sowas gibt es offenbar in Spanien oder Italien nicht, wo viele Klubs große finanzielle Probleme haben. In England verdienen die Vereine viel Geld, aber man gibt noch mehr, weil es wenige Regeln zur finanziellen Verantwortlichkeit gibt. Welche Liga, am besten ist, ist schwer zu entscheiden, aber die Bundesliga ist ganz bestimmt ganz oben dabei. 

Rudelbildung: Mittlerweile spielen ja auch viele Dänen in der Bundesliga. Wie schlagen die sich deiner Meinung nach?

Henrik Hvillum: Traditionell haben die Dänen in der Bundesliga oft gut eingeschlagen, und das hat außer den fußballerischen Qualitäten auch etwas mit der mit Kultur und Einstellung zu tun. Die Kultur ist in etwa die gleiche in Deutschland und in Dänemark, sodass die Spieler sich relativ schnell einfinden. Außerdem jammern die dänischen Spieler nicht so oft wie zum Beispiel die Italiener oder Südamerikaner, wenn sie nicht in der Startelf sind. Von den Dänen, die momentan in der Bundesliga spielen, gefällt mir am meisten William Kvist. Er ist ein Dauerbrenner, bringt immer eine gute Leistung und hat sich blitzschnell sowohl in der Mannschaft als in der deutschen Gemeinde integriert.

Rudelbildung: Du hast ja mittlerweile einige Bundesliga-Spiele kommentiert. Hast du eine Lieblingsmannschaft und wenn ja wieso?

Henrik Hvillum: Eigentlich mag ich viele Mannschaften in der Bundesliga, und mein Lieblingsverein ist aus England: Tottenham Hotspurs. Allerdings habe ich das erste Bundesligaspiel in der Veltins Arena (ArenaAufSchalke damals) im Jahre 2001 kommentiert. Das war natürlich ein ganz großes Erlebnis für mich persönlich. Es war ein spannendes Spiel, und ich war zum ersten mal live im Stadion. Deshalb habe ich ein ganz besonders Gefühl für Schalke und für diese Arena, wo ich übrigens vor ein paar Wochen wieder war, um das Spiel zwischen S04 und Leverkusen zu kommentieren.

Rudelbildung: In deiner letzten Kolumne bei Tipsbladet.dk (Achtung Artikel sind auf dänisch) hast du über Hoffenheims Jannik Vestergaard geschrieben. Wieso hat er dir imponiert und sollte er mit zur EM fahren?

Henrik Hvillum: Wie ich auch in der Kolumne schrieb, finde ich dass der Jannik Vestergaard ein sehr talentierter Spieler ist, aber ihm fehlt aus natürlichen Gründen die Erfahrung. Das kommt alles mit der Spielpraxis, und diese bekommt er in der Bundesliga. In der dänischen Nationalmannschaft gibt es viele andere hochklassige Verteidiger, aber wenn Jannik Vestergaard weiterhin in fast jedem Spiel mit dabei sein sollte, dann sollte er in der Truppe zur Europameisterschaft auch dabei sein.

Rudelbildung: Die Dänische Nationalmannschaft trifft bei der Europameisterschaft im Sommer auf Deutschland. Welche Chancen haben Morten Olsens Jungs gegen die DFB-Elf? 

Henrik Hvillum: Haha, keine! Nein, in Fussball hat man immer eine Chance, aber die Dänen müssen sowohl Glück als einen optimalen Tag erwischen. Dass heißt, keine Verletzungen bei den Schlüsselspielern wie Agger und Bendtner, die Chancenverwertung muss fast hundertprozentig sein und alle müssen eine Topleistung bringen. Unentschieden wäre fast ein Sieg für Dänemark, aber mal sehen, das Spiel ist noch nicht absolviert!

Rudelbildung: Hat Dänemark eine Chance in dieser sogenannten "Todesgruppe" weiter zu kommen?

Henrik Hvillum: Das glaube ich nicht. Vielleicht kan man eine Überraschung bringen in einem der Spiele, aber um weiterzukommen, muss man drei Sensationen bringen, und dafür ist die dänische Nationalmannschaft im Moment zu schwach. Dänemark hat gegen Portugal in der Qualifikation gewonnen, und in irgendeiner Weise passt die portugiesische Spielweise den Dänen ganz gut. Aber noch zwei weitere Überraschungen gegen die Niederlande und Deutschland ist für mich unmöglich. Platz drei wäre befriedigend.

Rudelbildung: Wie sehr verfolgst du die dänische SAS-Liga? 

Henrik Hvillum: Ich bin aus der Aarhus-region, und deshalb habe ich ein Faible für AGF (Aarhus Gymnastik Forening). Ich wohne jetzt in Kopenhagen, aber wenn est möglich ist, bin ich im Stadion, wenn AGF in der Nähe spielt.

Rudelbildung: Gibt es Spieler dort, die in der Bundesliga erfolg haben könnten? 

Henrik Hvillum: In der dänischen Liga gesamt gibt es schon ein paar interessante Spieler. Der junge Lucas Andersen in Aalborg ist sehr interessant, und mit seiner technischen Stärke würde bestimmt in die Bundesliga passen. Auch Jakob Poulsen beim FCM (FC Midtjylland) könnte es in Deutschland schaffen. Er hat in der Vergangenheit oft verletzungsprobleme gehabt, aber in dieser Saison sieht er stabil aus, und vielleicht ist er mit der Nationalmannschaft in Polen und der Ukraine dabei. Und das sage ich nicht nur weil er ehemaliger AGF-Spieler ist…

Rudelbildung: Zum Abschluss eine klassische Frage: Kannst du die Abschluss-Tabelle für uns Tippen?

Henrik Hvillum: Nein!...haha, am liebsten nicht, aber ich glaube immer noch daran, dass die Bayern (leider) doch wieder die Meisterschaft gewinnen. (OBS: Dieses Interview fand vor dem Duell am Mittwoch statt).  Sie haben die Erfahrung und einen großen Kader, das kan entscheidend sein. Im Abstiegskampf ist es so eng wie nie, aber von Kaiserslautern muss man sich wahrscheinlich verabschieden. Wer sonst abstiegt ist schwer zu sagen, aber ich mag es, wenn alles erst am letzten Spieltag entschieden wird.


Lesern, die des dänischen mächtig sind sei Hvillums wöchentliche Kolumne zur Bundesliga empfohlen:


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