Freitag, 31. August 2012

Rafael van der Vaart kehrt zurück zum HSV - ein Kommentar

Er ist also wieder zurück in der Hansestadt: Rafael van der Vaart kehrt, wenn es nach inkarnierten HSV Fans geht, nach vier Jahren im Exil zurück zum Hamburger SV. Doch welche Vorteile und Risiken birgt der Transfer für den taumelnden Bundesliga-Dino?

Der Hype um Rafael van der Vaart ist in Hamburg nichts neues. In jedem Transferfenster kam das Gerücht auf, dass der HSV den Niederländer zurück an die Elbe locken könnte. Der Thread "van der Vaart zum HSV" existierte bei Transfermarkt.de seit dem 12. Mai 2009. Nun, 325 Seiten Posts später, kehrt er also wieder zurück nach Hamburg. Der Transfer hat offensichtlich seine Vorteile: Der HSV braucht einen Spielmacher gehobener Kategorie und der Mann mit der Trikotnummer 23 gehört in eben diese. Von der Euphorie, die er auslösen wird, gar nicht erst zu sprechen. Sie wird einer Mannschaft, die von einer ungemeinen Negativität umgeben war, helfen.

Doch man sollte auch auf der Hut sein, einen Rafael van der Vaart als Messias darzustellen. Er alleine wird die Probleme der Hamburger nicht lösen können, denn diese liegen weitaus tiefer verborgen, als das man sie mit einem Transfer lösen könnte.

Die Einkaufspolitik

Eine Sache, die mich schon länger beschäftigt, ist die Frage wieso man beim Hamburger SV immer etliche Millionen für Spielertransfers ausgeben muss. Dies ist keine Kritik an dem van der Vaart Transfer, ich verstehe vollkommen, dass man so einen Spieler verpflichtet, wenn sich die Möglichkeit bietet- auch wenn ich in Bezug auf die Finanzierung kritisch eingestimmt bin, aber dazu später mehr - doch schauen wir uns einige der Transfers der letzten Jahre an.

In diesem Jahre kamen Rudvens (3,5 Millionen), Badelj (4 Millionen), Jiracek (4 Millionen), Hakan Calhanoglu (2,5 Millionen wurde jedoch für eine Saison an den abgebenden Verein Karlsruher SC zurück verliehen) und ein ablösefreier Rene Adler, nicht zu vergessen Rafael van der Vaart. Das sind fünf Spieler für eine Gesamtsumme von 27 Millionen Euro. Erinnert sich noch jemand an die Zeiten, wo man beim HSV sagte, dass man einsparen müsste? Diese wurde im Laufe des August Monats mit dem Slogan "wir dürfen uns nicht kaputt sparen" ausgetauscht. Dies wird man sicherlich nicht tun, es steht nun ein Transferminus von 20 Millionen zu Buche. Dies führt mich zurück zu meiner Ausgangsfrage: Wieso müssen es immer Millionen-Beträge sein für Neuzugänge?

Natürlich muss man abwarten wie die Neuzugänge einschlagen. Ich will mich hier nicht hinstellen und bewerten, ob diese Sinnvoll waren. Potential haben sie sicherlich alle, ob sie jedoch auch beim HSV funktionieren ist jedoch eine andere, und für mich entscheidende, Frage.

Das man dort skeptisch ist, wenn man sieht wie es Spielern wie Bruma, Sowah, Diekmeier, Kacar und anderem bis jetzt ergangen ist, ist sicherlich verständlich. Oder ein Spieler wie Chrisantus, den man als ein Stürmer - Supertalent Sturm gepriesen hatte, ihn dann drei Jahre verlieh um ihn jetzt für weniger als 100.000 Euro zu verkaufen. Der HSV hat seit langer Zeit keine Transfer-Volltreffer mehr zu verzeichnen gehabt. Und ich frage mich, woran das liegen mag. Besonders wenn man dann auch noch einen Blick darauf wirft wie sich etliche Spieler geschlagen haben, nachdem sie den Hamburger Sportverein verlassen hatten.

Man muss ja nur an einen Spieler wie Choupo-Moting denken, der bei Mainz zu einem guten Angreifer gereift ist. Oder David Rozehnal, der sich in Lille zu einer soliden Teilzeitkraft entwickelte. Sidney Sam in Leverkusen, Mohamed Zidan in Mainz, Sebastian Langkamp in Augsburg und auch Elia deutete bei Werder Bremen vergangene Woche an, dass er - wenn man ihn richtig handhabt - eine enorme Verstärkung sein kann. Wieso tun sich all diese Spieler so schwer beim HSV?

Am Trainer alleine kann es nicht liegen, dafür gab es zu viele verschiedene in den vergangenen Jahren, die Gründe müssen woanders gesucht werden. An den Spielern alleine kann es auch kaum liegen, denn davon gab es in den letzten Jahren auch genügend und kaum einer erreichte Normalform. Das Gesamtprojekt Hamburger SV scheint gewaltige interne Probleme zu haben, dass die Spieler in ihrer Leistungsfähigkeit begrenzt. Die Lösung kenne ich nicht, die Probleme sind jedoch offensichtlich. Und ich bezweifle, dass dies sich ändert nur weil  Rafael van der Vaart zurückgekehrt ist.

Der HSV hat in den letzten Jahren sehr oft daneben gegriffen, wenn es darum ging neue Spieler einzukaufen. Wer erinnert sich nicht an Namen wie Thiago Neves, Alex Silva, Berg oder Rajkovic? Zum gleichen Zeitpunkt wurden Spieler wie Marco Reus, Ron-Robert Zieler, Lukasz Piszczek, Lars Bender, Lars Stindl und Martin Harnik allesamt für wenig Geld von anderen Vereinen verpflichtet. Beim HSV ist es lange her, dass einen Transfer in dieser Kategorie findet. Jerome Boateng ist der letzte der in diese Kategorie passt - er wurde vor fünf Jahren verpflichtet. Man sollte sich also auch mal näher mit der Scoutingabteilung des Hamburger SV befassen.

Der Transfer von van der Vaart ist ein sportlicher Segen für den HSV, keine Frage. Aber es kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Hamburger seit Jahren eine schlechte Transferpolitik führen. Nicht nur aus einem sportlichen Aspekt, sondern auch finanziell.

Die Finanzen

Einen Großteil, wenn sogar die Gesamte, der Ablösesumme für van der Vaart stellt Investor Kühne zur Verfügung: Als zinsloses Darlehen. Laut HSV funktioniert der Deal folgendermaßen: 

"Nach langen Verhandlungen ist es gelungen, den Spieler Rafael van der Vaart zurück zum HSV zu holen. Dabei wurde der Aufsichtsrat vom Vorstand ständig über den Verhandlungsstand informiert. Vor dem Hintergrund der sportlichen Situation der Mannschaft wie auch der sportlichen Perspektive sind wir gemeinsam zu dem Entschluss gekommen, den Transfer zu realisieren. Dies war nur möglich aufgrund der großzügigen finanziellen Mithilfe von Klaus-Michael Kühne. Herr Kühne hat sich bereit erklärt, uns durch die Gewährung eines Darlehens die Zahlung der Transfersumme zu ermöglichen.Des Weiteren verzichtet Herr Kühne auf die vor zwei Jahren übertragenen Anteile an den Spielern Heiko Westermann, Marcell Jansen, Dennis Aogo, Dennis Diekmeier und Lennard Sowah. Auf den ihm zustehenden Erlös aus dem Verkauf des bereits transferierten Paolo Guerrero verzichtet Herr Kühne ebenfalls. Dieser Betrag konnte somit in die Transfersumme an Tottenham einfließen. Im Gegenzug erhält Herr Kühne einen Anspruch auf Erlösbeteiligung im Falle eines Transfers des Spielers van der Vaart innerhalb der Vertragslaufzeit. Mit diesem Schritt ist das 2010 zwischen dem HSV und Herrn Kühne beschlossene Investorenmodell in beidseitigem Einvernehmen beendet."

Zu dem Darlehen: Der HSV sprach davon sich nicht "kaputt sparen" zu wollen. Nun hat man für 13 Millionen Euro einen Spieler verpflichtet, der auch gleichzeitig zum Topverdiener aufsteigen wird. Von sparen kann also sowieso nicht mehr die Rede sein.

Da es ein Darlehen ist deutet dies auch darauf hin, dass Kühne van der Vaart nicht, wie immer vermutet, bezahlt, sondern nur finanziert. Er leiht dem HSV das Geld, der dieses, ohne Zinsen, wieder zurück zahlen muss. Über die Laufzeit wurde nichts bekannt - jedoch sollte sich jeder klar machen, was dies bedeutet: Der HSV hat sich bei einem Investor, den man vor Wochen noch dafür kritisierte sich zusehr in Vereinsangelegenheiten einzumischen, 13 Millionen Euro geliehen um einen Spieler zu verpflichten. Und dieser Spieler wird jetzt Jahrelang abzahlt.

Nicht verwunderlich, dass der HSV - Aufsichtsrat diesem nicht einstimmig zustimmte. Die Möglichkeit sich eines Investors wie Kühne zu bedienen ist vollkommen legitim - auch wenn ich es etwas ironisch finde, dass gerade Fans des etablierten Hamburger SV oft das Projekt TSG Hoffenheim, VFL Wolfsburg oder Bayer Leverkusen kritisieren und ihr Verein nun selber zu ähnlichen Maßnahmen greift - jedoch ist es auch das beste Symbol in Bezug auf die falschen Entscheidungen, die man seit Jahren in der Hansestadt trifft.

Wie kann sich ein Verein wie der 1. FC Nürnberg in der Bundesliga etablieren, ein Verein wie Borussia Dortmund - der nicht viel Mehr für Neue ausgibt, ganz im Gegenteil - oder auch ein Verein wie Hannover 96 in der Bundesliga - Spitze etablieren, während es beim Hamburger SV trotz Millionen - Investitionen in die falsche Richtung geht? Geld schießt keine Tore heißt es so schön - der HSV ist ein lebendes Beispiel, dass Geld nicht automatisch Erfolg mit sich bringt.

Glückwunsch liebe Fans des Hamburger SV, Glückwunsch an jeden, der gerne die Bundesliga verfolgt. Van der Vaart wird sie bereichern. Doch dieser Transfer ist auch das Symbol für eine verfehlte Einkaufspolitik im hohen Norden. Wenn der HSV wieder auf die Beine kommen will helfen nur drei Dinge: Ruhe im Umfeld, ein klares sportliches Konzept und am allerwichtigsten Kontinuität in den entscheidenden Positionen. Und die kann auch van der Vaart nicht garantieren.

Keine Kommentare: